Wir sind es wert Eine Anthologie mit 127 Kurzgeschichten
Über dieses Buch
Alles begann 1993 mit einem Experiment an der Julius-Springer-Schule, einer kaufmännischen Schule in Heidelberg. An einem Ort, an dem es keiner vermutete, wollte eine Deutschlehrerin nach literarischen Perlen fischen. Und fand sie. Seitdem – seit mehr als einem Vierteljahrhundert – gibt es nun für Auszubildende und Vollzeitschüler*innen, die diese Schule besuchen, einen Kurzgeschichten-Wettbewerb. Eine kompetente Jury aus dem Kultur- und Literaturbereich bewertet die anonym eingereichten Texte; Institutionen und Privatpersonen stiften die Preise.
Die Anthologie enthält alle Siegertexte. Sie liefert ein Psychogramm von Jugendlichen über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren. Die Themen der eingereichten Texte kreisen meist um individuelle Probleme: um das Traurige, Melancholische, den Verlust von Geborgenheit, unglückliche Familien, Beziehungen, den Geschlechterkampf, das innere Feuer, die äußere Coolness, sexuelle Orientierung, Kommunikationsstörungen, Suchtverhalten, Scheitern, Krankheiten. In den letzten Jahren kamen gesellschaftspolitische Inhalte dazu, etwa die Angst vor Abhängigkeiten in der digitalen Welt, vor antidemokratischen Entwicklungen, Gewaltausbrüchen und zunehmender Entsolidarisierung. Andere Bezüge zur Welt entdeckt man im Text einer Preisträgerin, die in der DDR aufwuchs, oder in Texten, die aus der Innensicht andere Kulturen beschreiben. Eine Fundgrube für Leser*innen, die sich für die Befindlichkeiten von Jugendlichen in diesem langen Zeitraum interessieren, nicht allein für literarische Betrachtungen. Dass die preisgekrönten Kurzgeschichten an einem so nüchternen Ort wie einer kaufmännischen Schule entstanden, zeigt, dass auch hier Kultur das andere durchdringen kann.
Die Anthologie mag junge Menschen zum Schreiben ermutigen und Lehrer*innen dazu inspirieren, im Unterricht mit diesen Texten zu arbeiten. Als Impuls für kreatives Schreiben, für literarische Rollenspiele.
Bei dem Wettbewerb wurden 127 von mehr als 800 eingereichten Geschichten prämiert. Allein 79 stammten von Auszubildenden aus der Buch- und Verlagsbranche, 23 von Auszubildenden im Groß- und Einzelhandel, in Drogerien, in Büros, im Öffentlichen Dienst, im Steuerfach und in Rechtsanwaltskanzleien. 25 Vollzeitschüler*innen, die die Fachhochschulreife anstreben, gehörten zu den Ausgezeichneten.
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Marie-Luise Hiesinger
Marie-Luise Hiesinger hat in Heidelberg Germanistik und Politikwissenschaft studiert. Ihr Herz gehört schon immer der Literatur. Als Lehrerin an der Julius-Springer-Schule konnte sie viele Jahrzehnte ihre Leidenschaft mit dem Broterwerb verbinden: zum kreativen Schreiben und zur Auseinandersetzung mit Literatur anregen. Sie gehörte zum Bewerbungskomitee Heidelberg als Literaturstadt im UNESCO Creative Cities Network.